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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Zwei Absätze aus Artikel 5 • Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland

Zeitungsredakteurin Susanne Mathes sprach bei der Grundgesetz-Feier auf dem Ludwigsburger Synagogenplatz am 23. Mai 2024 über die Pressefreiheit im konkreten journalistischen Alltag.

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Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ veröffentlicht jährlich den Zustand der Pressefreiheit im weltweiten Vergleich. Aktuell liegt die Bundesrepublik Deutschland auf Platz 10. Sie lag schon deutlich schlechter, als Journalist:innen beispielsweise bei Demonstrationen während der Corona-Pandemie häufig beschimpft und attackiert wurden. Die USA, die Susanne Mathes in ihrem Beitrag auf dem Synagogenplatz erwähnte (siehe „Nichts ist aufregender als die Wahrheit“), liegen in der neuesten Statistik auf Rang 55 von 180. Mehr Informationen gibt es auf der Internetseite von „Reporter ohne Grenzen“.

Nichts ist aufregender als die Wahrheit *

Gedruckt, gesendet, digital: Nachrichten sind und bleiben fast so wichtig wie Nahrungsmittel – jedenfalls kommen sie den meisten Menschen in den hoch technisierten Gesellschaften so vor. Tatsächlich würde ohne qualifizierte Informationen vieles nicht funktionieren. Das gemeinschaftliche Leben braucht gemeinsame Grundlagen von Informationen.

Jede und jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten – im Idealfall basiert eine Meinung auf überprüften Fakten. Dazu gibt es „die Medien“, und deren Situation ist komplziert genug, weil sie Geld verdienen müssen, damit die Medienschaffenden ein Auskommen haben, während sie Wahrheit und Wahrhaftigkieit verpflichtet sind.

Aus solchen Höhen des Allgemeingültigen in den komplexen Alltag von Lokalzeitungen führte der Beitrag von Susanne Mathes bei der Grundgesetz-Feier des AK Dialog Synagogenplatz am 23. Mai 2024 in Ludwigsburg. Sie beschrieb die Schwierigkeiten, die sie und ihre Kolleg:innen beim Recherchieren erleben: Das Bundes-Familienministerium ist verpflichtet, über die Chancen für ein zweites Frauenhaus in Ludwigsburg zu informieren, legt aber nur langsam und wenig Konkretes auf den Tisch. Das Landes-Innenministerium ist zu Auskünften über die rechtlichen Voraussetzungen einer möglichen Landes-Erstaufnahme-Einrichtung für Geflüchtete bei Tamm verpflichtet, liefertt aber nur verwaltungsjuristische Phrasen. „Das ist keine Informations-Arbeit, sondern eher Informations-Verhinderungs-Arbeit“, kritisierte die Journalistin.

Der Bürgermeister einer Kommune im Kreis Ludwigsburg kanzelt in öfentlicher Gemeinderatssitzung einen Journalisten ab, dessen Berichterstattung ihm nicht behagt.

Die AfD hetzt gegen die Kreisredaktion der Ludwigsburger Kreiszeitung, weil sie anhand der Kriminalstatistik Behauptungen der AfD widerlegt und lässt gleich noch einen Rechtsanwalt ein Schreiben dazu schicken.

Lauter solche Erfahrungen machen es der Presse schwer, ihren Auftrag zu erfüllen oder versuchen, sie einzuschüchtern. Doch Susanne Mathes war zuversichtlich, dass die Menschen in den Redaktionen ihre Aufgaben weiter ernst nehmen und professionell umsetzen. Eine Motivation dabei: „Studien aus den USA belegen, dass dort, wo es keine lokalen Medien mehr gibt, ein starker Anstieg von Korruption, Wirtschafts- und Umweltkriminalität zu verzeichnen ist.“

* Das Zitat in der Überschrift stammt von Reporter-Legende Egon Erwin Kisch (1885 – 1948), von dem auch der geniale Tipp für Recherchen stammt: „Alles für möglich halten, nichts glauben.“

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